Der Mehltyp
Mehltyp 405, 550, 1050 …
Diese Bezeichnungen des Mehls nach einer Typennummer kennen die meisten. Mit diesen Typennummern ist fertiges Mehl in der Tüte im Supermarktregal aber auch im Bioladen bezeichnet.
Ein viel verbreiteter Irrglaube ist, dass diese Typenbezeichnung die Feinheit des Mehls klassifiziert. Deswegen möchte ich an dieser Stelle erklären, was dieser „Mehltyp“ wirklich bedeutet.
Typennummer = Mineralstoffgehalt
Der Mehltyp hat wirklich gar nichts mit der Feinheit des Mehls zu tun sondern gibt den Aschegehalt des Mehls in Milligramm bezogen auf 100 g Mehl an. Um den Mehltyp zu ermitteln werden 100 g Mehl verbrannt. Die Asche, die übrig bleibt, wird gewogen. Genau dieser Wert ist die Typennummer des Mehls. Und dieses Aschegewicht stimmt – auf wenige % Schwankungen genau – mit dem ursprünglichen Mineralstoffgehalt dieses Mehls überein.
Mehl mit der Typenbezeichnung „405“ hat demnach ca. 405 mg Mineralstoffe je 100 g Mehl, Mehl mit der Typenbezeichnung „1050“ hat demnach ca. 1050 mg Mineralstoffe je 100 g Mehl usw. …
Im Umkehrschluss bedeutet dies: Je kleiner die Typennummer, desto niedriger ist der Mineralstoffgehalt des Mehls. Und wenn wir mal verschiedene Typenmehle rein optisch miteinander vergleichen werden wir feststellen: Je heller das Mehl ist, desto niedriger ist die Typennummer. 405er-Mehl ist ist sehr hell, fast weiß, 1050er Mehl hingegen hat eine deutlich bräunliche Färbung.
Typenmehl = (Teil-)Auszugsmehl
Wie kommt es jetzt zu den verschiedenen Farben der verschiedenen Mehltypen?
Eigentlich ganz einfach: Vor dem Mahlen des Getreides werden Schalen und Keim des Getreides ganz oder zum Teil entfernt.
Für Weizenmehl mit der Typenbezeichnung „405“ werden vor dem Mahlen sämtliche Schalenschichten und der Keim komplett entfernt. Übrig bleibt der reine Mehlkörper, der fast nur aus Kohlenhydraten besteht und kaum noch wertvolle Mineralstoffe enthält. Diese stecken nämlich überwiegend in Schale und Keim des Getreidekorns. Und nur dieser Teil des Getreides wird vermahlen und kommt in die Tüte mit Aufdruck „Mehltyp 405“. Der Mehlkörper ist fast weiß, also ist auch das daraus gemahlene Mehl fast weiß, das sog. „Weißmehl“ eben. Es ist also nur ein Teil des Getreides in der Tüte, ein „Auszug“ des vollen Getreides also, deswegen die Bezeichnung „Auszugsmehl“.
Teilauszugsmehl
Mehltyp 1050 z.B. ist ein sog. Teilauszugsmehl aus Weizen oder Dinkel. Um dieses herzustellen werden ebenfalls erst die komplette Schale und der wertvolle Keim des Getreides maschinell vom vollen Korn entfernt. Dann wird ein Teil der Schalenteile dem Mehlkörper wieder beigemischt und dieses dann zusammen vermahlen. Dieses Mehl hat dann einen höheren Mineralstoffgehalt als ein Auszugsmehl oder Weißmehl, nämlich z.B. 1050 mg je 100 g Mehl. Weil die Schalen des Weizens eine hellbeige bis bräunliche Farbe haben, ist dieses Mehl dann auch etwas bräunlich und nicht mehr fast weiß. Man spricht bei solchen Mehlen von „Teilauszugsmehl“, weil immerhin ein gewisser Teil des Getreides in dieser Tüte Mehl enthalten ist.
Andere Getreidearten haben bei gleichem Ausmahlungsgrad andere Typenbezeichnungen als Weizenmehl. Roggen und Dinkel haben z.B. von Natur aus einen höheren Mineralstoffgehalt als Weizen. Roggenmehl, hergestellt ohne Schale und Keim hat z.B. die Typennummer „815“, Dinkel kommt auf „630“. Teilauszugsmehle aus Roggen gibt es als Type 997, 1150, 1370 … Teilauszugsmehl aus Dinkel als Type 812 und 1050.
Typennummer Vollkornmehl?
Vollkornmehl, wie Sie es z.B. aus vollem Getreide zu Hause mit Ihrer Getreidemühle frisch mahlen, hat gar keine Typennummer.
Grund ist einfach, dass der Mineralstoffgehalt so eines Mehls natürlichen Schwankungen unterliegt. Vollkornmehl aus Weizen gemahlen hat einen Mineralstoffgehalt von ca. 1700 bis 1800 Milligramm je 100 g Mehl, also noch deutlich mehr als ein 1050er-Mehl, welches oft wegen seiner bräunlichen Farbe schon als Vollkornmehl empfunden wird. Der Mineralstoffgehalt Ihres frischen Mehls hängt von verschiedenen Faktoren ab: Erntejahr, Anbaugebiet, Getreidesorte …
In „schlechten“ Erntejahren – zu feucher oder zu trockener Sommer, zu kalt, zu warm … – wächst das Getreide nun mal nicht so gut. Das hat zur Folge, dass der Mehlkörper im Vergleich zu Ernten aus guten Jahren kleiner ausfällt als üblich. Der prozentuale Anteil Schale zum Mehlkörper ist dadurch dann höher und dadurch ist dann der Mineralstoffgehalt sogar höher. Die Backeigenschaften dieses Getreides sind i.d.R. allerdings dann schlechter.
In der industriellen Produktion der Typenmehle werden die konstanten Mineralstoffgehalte durch Mischen von Getreide aus verschiedenen Chargen und Ernteregionen erreicht.
Warum überhaupt Auszugsmehl?
Tja, hinterher ist man immer klüger, könnte man darauf antworten.
Die Mühlentechnik, um die Schale vor dem Mahlen des Getreides zu entfernen wurde Mitte des 17. Jahrhunderts entwickelt. Dieses hellere Mehl war deutlich teurer als das bis dahin übliche Vollkornmehl. Die daraus hergestellten Backwaren wie helles Brot und feine Torten waren deswegen lange Zeit ein Privileg des Adels und der Kirche. Die „feinen Leute“ aßen „feines Brot“, wer „grobes Brot“ aß, galt als grob. Zu Zeiten Napoleons wurde auch das französische Militär mit diesem hellen Brot verpflegt. Dadurch wurde es in ganz Europa bekannt und (leider) auch begehrt.
Eine der Forderungen des Volkes während der französischen Revolution war deswegen auch „Weißbrot für alle“. Sicher auch durch den fälschlicherweise Marie Antoinette zugeschriebenen legendären Satz „Wenn sie kein Brot haben, sollen sie doch Kuchen essen“ begründet, ein Affront gegen die hungernde Bevölkerung!
Haltbarkeit
Um 1850 war die Mühlentechnik so weit verfeinert, dass sich nun auch der kleine Keimling des Getreides und nicht nur die Schale vor dem Mahlen vom Getreidkorn entfernen ließ. Das Getreide ohne Keim zu Mehl zu mahlen, hatte einen entscheidenden Vorteil: So ein Mehl war deutlich länger haltbar als Mehl mit Keim. Im Keimling des Getreides stecken nämlich nicht nur sehr viele Vitamine und Enzyme, sondern auch hochwertige, pflanzliche Fettsäuren. Und diese Fettsäuren haben nun mal die „unangenehme“ Eigenschaft, bei Kontakt mit Sauerstoff zu oxidieren. In dem Moment, wo das Getreide mit Keim gemahlen wird, setzt diese Oxidation ein. Die sauerstoffempfindlichen Vitamine und Enzyme zersetzen sich, die Fettsäuren werden nach und nach ranzig. Das Mehl schmeckt dann nicht mehr. (Vollkorn-)Mehl mit Keim ist deswegen max. 6 – 8 Wochen lagerfähig, der Nährwertverlust beginnt aber schon direkt nach dem Mahlvorgang. (Teil-)Auszugsmehl ohne Keim ist mangels den ranzig werdenden Fettsäuren hingegen 1 – 1,5 Jahre lang lagerfähig.
Kommentare (10)
schattschneider
August 9, 2011 19:14Hervorragende Erklärung! Hab was gelernt. Danke!
Alfred Anderegg
January 14, 2012 09:17Guten TagIch habe eine Frage über die Granulation/Feinheit vom Mehl gestellt und bekomme leider nur die Antwort auf den Aschegahalt.Es wäre interessant zu erfahren, was für eine Granulation im Mehl 405 üblich ist. Die Plansichter haben doch so viele Siebe, und da müsste doch die Feinheit auch bei den unterschiedlichen Aschegehalten angegeben werden können.Freundliche Grüsse
Schwarz
March 4, 2012 17:28Die Erklärungen sind gut verständlich. Doch wie kann ich Rezepte, die mit den Mehltypen angegeben sind, umrechnen für frisch gemahlenes Korn? Was muß ich da beachten.Herzliche Grüße
getreidemuehlen.de
March 4, 2012 19:34Hallo,umgerechnet werden braucht da nichts. Jedes Rezept, was für Weißmehl gedacht ist, lässt sich auch mit Vollkornmehl backen. Einzig die Flüssigkeitsmengen müssen um 10 - 15% erhöht werden. Vollkornmehl kann mehr Feuchtigkeit aufnehmen als Auszugsmehl.Und den Teig etwas länger rühren/kneten als das mit Weißmehl nötig ist, damit die Schalenteile im Vollkornmehl auch wirklich gut Feuchtigkeit ziehen
Gaby Meineke
November 28, 2012 23:35Hallo liebe Backprofis,ich habe eine Frage, warum ist es so wichtig, das das Getreide beim Mahlen nicht über 37°C erwärmt wird? Beim Backen wird es ja dann auf 200 °C erhitzt?Lieben Dank im voraus!G. Meineke
getreidemuehlen.de
November 29, 2012 00:02Hallo Frau Meineke,so ganz wichtig ist das wirklich nicht, weil viel heißer gebacken wird, wie Sie richtig sagen.Eine zu hohe Temperatur des Mehls kann aber manchmal für das Triebmittel zum Knackpunkt werden: Den Sauerteig- bzw. Hefebakterien kann es dann "zu warm" sein, so dass der Teig dann nicht ordentlich "geht".Die Warnung vor zu warmem Mehl aus Haushaltsgetreidemühlen ist aber heutzutage sowieso quasi überholt. Alle "ordentlichen" Getreidemühlen (z.B. von hawos, Komo, Schnitzer, Waldner), die seit Mitte der 80ziger Jahre gebaut werden, werden von langsam laufenden Industriemotoren angetrieben. Je nach Modell drehen die nur mit 1300 - 1400 U/Min., dabei wird das Mehl nicht nennenswert warm.Bei älteren Mühlen - die heute nur noch selten in Betrieb sind - war das teilweise noch anders. Damals waren die Motoren noch deutlich schneller, dadurch mehr Reibung = höhere Temperatur.Heute werden nur vereinzelt noch Mühlen mit (zu) schnell drehenden Universalmotoren angeboten, im Fachhandel (in Bioläden, in unserem shop, bei unseren seriösen Mitwerbern ...) allerdings so gut wie gar nicht, sondern nur im allgemeinen Elektrohandel, Kaufhäusern u.ä.Trotzdem hängt es letztendlich von Menge und Feinheitsgrad ab, ob das Mehl vielleicht doch minimal "zu warm" wird. Habe mal von einem Test von Hobbybäckern gelesen, die haben mit einer Billy 100 von hawos experimentiert: bei mehr als 3 kg Roggenmehl an einem Stück ganz fein gemahlen, geht die Temperatur dann tatsächlich in Richtung 40 °C. Und das ist für den Sauerteigansatz dann u.U. etwas zu warm. Ganz einfache Lösung dann: Das Mehl 10 Minuten oder so stehen lassen, ehe der Sauerteig oder die Hefe dazu gegeben wird.
Stefanie
February 28, 2013 17:47Was verändere ich, wenn ich mein selbstgemahlenes Mehl aussiebe?Die Bekömmlichkeit des Brotes, den Ballaststoffgehalt, die Type ( ohne dann zu wissen, bei welcher ich lande), die Backeigenschaften des Mehls ( geht das Brot dann besser auf?) oder nur die Farbe?Was passiert, wenn meine Mühle besonders feines Mehl mahlt, geht das Brot dann auch besser auf?Viele Fragen - ich bin gespannt auf die Antworten!
getreidemuehlen.de
March 1, 2013 21:09hallo Stefanie,eigentlich alle Fragen selber richtig beantwortet :-)Wenn das Vollkornmehl ausgesiebt wird, werden fast ausschließlich Ballaststoffe "weggesiebt", das sind die etwas gröberen, weil faserigen Teile. Dadurch steigt natürlich - aber minimal - der Klebereiweißgehalt des Restmehls, was dann eine - ebenfalls minimale - bessere Backeigenschaft bewirkt. Aber eben zu Lasten der eigentlich aus gesundheitlichen Gründen erwünschten Ballaststoffe im Mehl."Besonders" feines Mehl hat durchaus immer bessere Backeigenschaften als grobes Mehl, das stimmt.Wenn die Mühle "besonders" fein mahlt, ändert das aber nichts an der Zusammensetzung des Mehls, das prozentuale Verhältnis zwischen den verschiedenen Inhaltsstoffen bleibt ja immer gleich, egal ob ich grob, fein, oder "besonders" fein mahle. Es kommt in einer Getreidemühle ja immer erst mal alles wieder unten raus, was ich oben in den Trichter schütte, also das "volle Korn".
Stefanie
March 4, 2013 11:34Liebe Backprofis,vielen Dank, ich hab's verstanden-ein besonders feines Mehl kann auch Vollkorn sein und hat bessere Backeigenschaften.Nun gibt es einen Hersteller, der in seine Mühlen Mahlwerke aus echtem Granit einbaut, damit das Mehl besonders fein gemahlen werden kann.Kann ich dieser Aussage glauben schenken? Ich frage mich warum das die anderen Mühlenbauer dann nicht auch anbieten?
getreidemuehlen.de
March 4, 2013 11:42Hallo,da verweise ich doch mal auf diese "Abhandlung" zum Thema Mahlsteine: http://www.getreidemuehlen.de/blog/mahlstein-getreidemuehle/2010/11/14/wurde sogar von Wikipedia verlinkt, worauf ich etwas stolz bin und was wohl auch ein Zeichen ist, dass dieser Artikel Hand und Fuß hat