Keimsaat und Schimmel
Schimmelbildung bei der Sprossenzucht
Zu viel Unsicherheit bei der Sprossenzucht führt immer wieder das Thema „Schimmel“. Die gute Nachricht zuerst: Bei Verwendung hochwertiger Keimsaaten für die Sprossenzucht und richtiger Anwendung entsteht in den seltensten Fällen wirklich Schimmel. Meistens werden die pelzig-flaumigen weißen Faserwurzeln der jungen Sprossen mit Schimmel verwechselt. Rein optisch sehen diese wirklich wie weißer Schimmel aus, aber machen Sie einfach die Geruchsprobe: Schimmel riecht modrig, Faserwurzeln hingegen riechen – je nach Keimsaat – eher frisch, bisweilen scharf-kräftig. Diesen weißen Flaum – die Faserwurzeln – bilden insbesondere die Keimsaaten Senf, Rettich, Radieschen und Alfalfa beim Wachstum. Aber auch Getreide (Weizen, Dinkel, Hafer …) bildet Faserwurzeln beim Keimen. Wenn Sie also den Verdacht auf Schimmel haben: Erst dran riechen, bevor Sie die gesunden, frischen Sprossen wegwerfen!
Wirklich zur Schimmelbildung neigen hingegen einige Getreidesorten, vor
allem die maschinell entspelzten Sorten wie (Nackt-)Hafer,
Dinkel,
Gerste
und Hirse
aber auch die Urgetreide Emmer, Einkorn und Kamut.
Diese Getreide wachsen mit einer unverdaulichen äußeren Schale, dem
„Spelz“. Dieser Spelz wird nach der Ernte maschinell entfernt, das
Getreide wird dafür durch Walzen gedreht. Dabei wird zwangsläufig auch der
ein oder andere Keim des Getreides beschädigt. Diese einzelnen Körner mit
beschädigtem Keim sind dann nicht mehr keimfähig. Statt in Ihrem Keimgerät
zu wachsen, verschimmeln oder verfaulen diese Körner dann. Deswegen
bei Getreide im
frühen Stadium genau kontrollieren, ob einzelne Körner keinen
Keim bilden, diese dann frühzeitig aussortieren. Schimmel am Getreide ist
meistens bläulich oder grünlich, also gut von den weißen Faserwurzeln zu
unterscheiden. Im Zweifelsfall hilft auch hier die Riechprobe.
Auch auf einige Ölsaaten, insbesondere geschälte Sonnenblumenkerne,
trifft das Gleiche zu wie oben zum Getreide gesagt: Durch das maschinelle
Entfernen der Schale werden auch Keime der Frucht beschädigt, mit der
Konsequenz, dass keine 100%ige Keimfähigkeit mehr gewährleistet ist.
Geschälte Hülsenfrüchte (z.B. rote oder gelbe Linsen) keimen Sie besser
erst gar nicht, die Keimqoute ist frustrierend gering.
Egal was Sie keimen: Sortieren Sie alles aus, was noch keinen Keim
gebildet hat, während der Großteil in Ihrer Keimschale schon munter vor
sich hin keimt.
Was tun, wenn doch Schimmel im Keimgerät ist?
Trotz aller Sorgfalt wird es in der Praxis gelegentlich doch mal
passieren, dass sich wirklich Schimmel bildet. Und sei es nur deswegen,
weil Sie Ihre Keimlinge mal ein oder gar zwei Tage vergessen haben zu
spülen. Die meisten Keimgeräte
lassen sich einfach spülen, viele sind sogar spülmaschinengeeignet (Eschenfelder
Sprossengläser, Bio-Snacky,
Schnitzer
Sprossenturm). Spülen mit heißem Wasser und ggf. einem Schuss Essig
vernichtet zuverlässig jede Schimmelspore, die Spülmaschine sowieso.
Die farbigen Eschenfelder
Kressesiebe sind ebenfalls spülmaschinenfest, nur das Kressesieb
terracotta nicht. Dieses ist aber innen glasiert, eventueller Schimmel
kann also auch nicht in den Ton „ziehen“, einfach mit heißem Wasser
gründlich spülen und gut ist.
Etwas aufwändiger ist das Reinigen der offenporigen Ton-Keimgeräte (Hawos
Sprossen-Toni und Großes Ton-Keimgerät).
Einfacher Praxistipp (bei meinem Sprossentoni
seit über 20 Jahren erprobt): Die „schimmelige“ Schale einfach in einem
Topf mit Wasser auf dem Herd ein paar Minuten gut „kochen“ – dann ist auch
die Tonschale garantiert wieder schimmelsporenfrei.
Zusammengefasst:
- nur hochwertige Keimsaat (am besten aus kontrolliert biologischem Anbau) garantiert hohe Keimfähigkeit und dadurch nahezu nie Schimmelbildung
- Keimgerät mind. 1 x täglich mit frischem Wasser spülen!
- einzelne nicht keimende Körner frühzeitig aussortieren
- Faserwurzeln bitte nicht mit Schimmel verwechseln -> Geruchsprobe machen
- wenn sich trotzdem Schimmel gebildet hat: Keimgerät gründlich mit heißem Wasser spülen und wieder frische Keime ansetzen

Kommentare (10)
dan
February 24, 2015 12:12vielen Dank. Nach so einer Übersicht habe ich ewig gesucht. Auch der Hinweiß welche Saaten eher Faserwurzeln bilden, ist toll. Denn auch wenn es nicht schlecht riecht, optisch sieht es nicht geschmacklich aus. Oder gehen diese Faserwurzeln wieder zurück?
getreidemuehlen.de
February 24, 2015 12:30Hallo dan,nein, die werden nur größer und auch "strohiger".Am besten diese Sprossen also ernten, wenn die Faserwurzeln noch sehr klein und fein sind oder noch früher
Antonia Schmitt
January 10, 2016 11:54Wir haben in unserem Sprossen-Toni jetzt das erste Mal Kressesamen angezogen, diese bilden aber sehr schnell einen weißen Pelz. Die Samen verstopfen aufgrund ihrer kleinen Größe auch die Löcher, dadurch läuft das Wasser schlecht ab. Können wir davon ausgehen, dass dadurch eher Schimmel entsteht, oder kann es sich trotzdem um Faserwurzeln handeln? Es riecht nur nach Kresse. Wenn Kesse die Löcher so verstopft, ist der Sprossentoni dafür dann überhaupt geeignet?
Isa
January 19, 2016 10:21Super Erklärung. Mein Alfalfa hatte gerade solche Wurzeln. Kann man diese pelzigen Faserwurzeln dann einfach mitessen oder müssen die abgeschnitten werden?
getreidemuehlen.de
January 19, 2016 16:02Hallo,für Kresse und andere schleimbildende Saaten (Rucola, Senfsaat und Leinsamen) ist ein Kressieb am besten geeignet.Mit Papiereinlage funktioniert Kresse aber auch im Sprossen-Toni
getreidemuehlen.de
January 19, 2016 16:03Hallo,das ist Geschmackssache, essbar sind sie, manchmal aber geschmacklich etwas „dröge“, je nach dem, wie groß die Wurzeln sind
Kirsten
May 6, 2016 22:56Habe vor 3 Tagen meine allerersten Weizensprossen angesetzt. Heute sah ich die seltsam aussehenden Faserwurzeln und dachte zuerst, es wäre Schimmel. Ich machte erstmal die Geruchsprobe: nicht gerade lecker. Nach dem Spülen jedoch roch es herrlich frisch - wie ne frische Gurke! :)Ist es normal, dass es vor dem Spülen seltsam riecht und nach dem Spülen ganz frisch? Ist in dem Fall alles in Ordnung?@Dan:> optisch sieht es nicht geschmacklich ausWenn die Faserwurzeln noch nicht allzu groß sind, reicht es, die Sprossen nochmal zu wässern und schon sehen sie wieder essbar aus :)
Astrid
March 19, 2017 12:06Hallo, habe vom Biolandhof Knauf mir Nackthafer und Dinkel zum Keimen gekauft. Beides keimt sehr, sehr schnell. Innerhalb von drei Tagen haben sie schon lange Wurzeln gebildet. Nur frage ich mich, warum beides mit Wurzeln dann so modrig, erdig riecht? Ich spüle 2xtgl. gründlich mit kaltem Wasser. Sie liegen auch nicht viel übereinander. Die Umgebungstemperatur liegt gefühlt bei ca. 18°C-19°C. Die Keimschalen sind nach Art BioSnacky. Es ist auch kein Schimmel zu erkennen.Zuvor hatte ich Davert-Dinkel, der leider nur ankeimte und eher säuerlich roch.Kann dieser modrige Geruch vielleicht durch die Wurzelbildung entstehen? Danke und einen schönen Sonntag!
getreidemuehlen.de
March 19, 2017 23:46Hallo,das tut mir Leid, Geruch kann ich per Ferndiagnose wirklich nicht beurteilen.Wie oben im Artikel erklärt keimt Dinkel - weil ein Spelzgetreide - aber nun seltenst zu 100%. Wirklich sicher, dass alle nicht keimenden Körner rechtzeitig aussortiert wurden?
Alexandra
February 19, 2018 19:07Vielen Dank für die Infos! Ich habe im Aldi eine kleine Sprossen-Anzucht-Schale gekauft. Nun bin ich etwas erstaunt über die gedachte Anwendung: die Sprossen liegen oben auf einem Sieb - nachdem man diese das 1. Mal mit Wasser überspült hat, füllt man danach das Wasser bloss noch nebenan durch eine Öffnung nach. Diese werden also die Folgetage gar nicht mehr gewässert... Wäre dies aus hygienischen Gründen (Keime, Schimmel...) nicht erforderlich? Oder gibt es ohne das Wässern evtl. gar weniger Schimmel? Wäre froh um Hilfe - vielen Dank!